Teilrevision Mehrwertsteuergesetz

06.10.2023

Das Parlament hat die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) im Juni 2023 angenommen. Die Änderungen lassen sich in die Themenblöcke Digitalisierung und Internationalisierung, Vereinfachungen, Steuerreduktionen und Betrugsbekämpfung unterteilen.

Die Referendumsfrist ist am 5. Oktober unbenutzt verstrichen. Das Inkrafttreten ist auf den 1. Januar 2025 geplant. 

Gegenstand der Gesetzesänderung

Das Parlament hatte in verschiedenen Vorstössen folgende Reformen gefordert: Online-Versandhandelsplattformen sollen als Leistungserbringerinnen gelten und somit mehrwertsteuerpflichtig werden. Ausländische Tour Operators sollen von der Steuerpflicht befreit werden, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren. Produkte der Monatshygiene sollen dem reduzierten Steuersatz unterstellt werden. Von Gemeinwesen ausgerichtete Subventionen sollen nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, wenn sie zur Erfüllung grundlegender gesetzlicher Aufgaben ausgerichtet werden. Für die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen sowie für Leistungen der koordinierten Versorgung im Zusammenhang mit Heilbehandlungen sollen neue Steuerausnahmen eingeführt werden.

Von sich aus hatte der Bundesrat zudem folgende Neuerungen in die Botschaft eingebracht:

KMU sollen künftig die Mehrwertsteuer freiwillig jährlich abrechnen können. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV soll zudem ausländische Unternehmen von der Pflicht befreien können, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bestimmen, wenn die Erfüllung der Verfahrenspflichten auf andere Weise sichergestellt ist.

Die ESTV soll des Weiteren von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von Unternehmen Sicherheiten für Steuern, Zinsen und Kosten ihres Unternehmens verlangen können, wenn sie mehrere Unternehmen geführt haben, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind. Dies ist eine Massnahme gegen sogenannte Serienkonkurse.

Schliesslich soll neu die Bezugsteuerpflicht gelten für die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten.

Von Juni bis Oktober 2020 hat das Eidgenössische Finanzdepartement EFD eine Vernehmlassung zur Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes und zur Teilrevision der Mehrwertsteuerverordnung durchgeführt. 24 Kantone, fünf Parteien und 63 Organisationen haben sich geäussert. Die meisten Massnahmen wurden dabei vollumfänglich oder überwiegend begrüsst.

Die Mehrwertsteuer passt sich der Digitalisierung und Internationalisierung an

Das wichtigste Element der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes ist die Einführung der Plattformbesteuerung. Seit der letzten MWST-Revision (Inkrafttreten 2019) werden Versandhandelsunternehmen, die Waren in die Schweiz liefern, mehrwertsteuerpflichtig, wenn sie mit Kleinsendungen (MWST-Betrag unter fünf Franken) mindestens 100 000 Franken Umsatz erzielen. Es hat sich gezeigt, dass die Wirkung dieser Massnahme begrenzt ist. Das liegt unter anderem daran, dass viele kleinere Versandhandelsunternehmen die relevante Umsatzlimite nicht erreichen. Neu müssen die Versandhandelsplattformen alle Lieferungen von Waren deklarieren und versteuern, die über ihre Plattform abgewickelt werden und in die Schweiz gelangen. Zur Durchsetzung der neuen Regeln kann die ESTV administrative Massnahmen verfügen, wenn sich Versandhandelsplattformen oder -unternehmen zu Unrecht nicht registriert haben oder sie ihren Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Sie kann ein Einfuhrverbot für Lieferungen des betreffenden Unternehmens und als letzte Massnahme die Vernichtung der Gegenstände verfügen. Zudem kann sie zum Schutz der Kundinnen und Kunden die Namen der Unternehmen veröffentlichen, gegen die solche Massnahmen zur Anwendung kommen.

Des Weiteren wird eine Informationspflicht für alle Internet-Plattformen eingeführt. Die ESTV kann diese künftig auffordern, ihr mitzuteilen, wer über die Plattform Leistungen in einem Umfang anbietet, der die Steuerpflicht bei der Mehrwertsteuer auslösen könnte. Dabei geht es vor allem um Dienstleistungen im Bereich der Beförderung (Taxifahrten, Kurierfahrten) und der Beherbergung (Vermietung von Unterkünften), für welche die Plattformen nicht als Leistungserbringerinnen gelten.

Die Mehrwertsteuer wird einfacher

Heute kann die MWST vierteljährlich, halbjährlich oder monatlich abgerechnet werden. Neu können KMU freiwillig zusätzlich die Mehrwertsteuer jährlich abrechnen und dadurch den Abrechnungsprozess effizienter gestalten. Die jährliche Abrechnung ist verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung von Raten. Die Raten werden von der ESTV festgesetzt, in der Regel anhand der Steuerforderung der letzten Steuerperiode.

Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber den Empfangenden ausdrücklich als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als Subvention oder anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag.

Die ESTV kann darauf verzichten, ausländische Unternehmen zu verpflichten, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bestimmen, wenn sie die Verfahrenspflichten auf andere Weise erfüllen.

Die Mehrwertsteuer wird teils reduziert oder aufgehoben

Für Produkte der Monatshygiene gilt neu der reduzierte Steuersatz.

Neu von der MWST ausgenommen sind:

  • die durch Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und ihre damit zusammenhängenden Dienstleistungen (ausländische Reisebüros werden somit nicht in der Schweiz steuerpflichtig, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren);
  • die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen;
  • die Leistungen der koordinierten Versorgung bei Heilbehandlungen;
  • das Zurverfügungstellen von Infrastruktur an Belegärzte in Ambulatorien und Tageskliniken;
  • die Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen der privaten Spitex;
  • das Zurverfügungstellen von Personal durch alle nichtgewinnorientierten Organisationen;
  • das Anbieten von Anlagegruppen von Anlagestiftungen nach BVG und das Verwalten von Anlagegruppen.

Die Betrugsbekämpfung wird verbessert

Als Massnahme gegen Serienkonkurse ermächtigt das teilrevidierte MWSTG die ESTV, von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von juristischen Personen Sicherheiten zu verlangen, wenn sie dem geschäftsführenden Organ von mindestens zwei weiteren juristischen Personen angehörten, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind.
Die Übertragung von Emissionsrechten ist im Bereich der MWST betrugsanfällig. Daher unterliegt die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten neu der Bezugsteuer und zwar auch dann, wenn der Bezug von einem Unternehmen mit Sitz im Inland erfolgt.

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Mit Ausnahme der Plattformbesteuerung haben alle Massnahmen nur geringe Auswirkungen auf die Steuereinnahmen. Die Reform führt zu wiederkehrenden Mehreinnahmen. Diese werden pro Jahr grob auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. Dabei nicht berücksichtigt sind die nicht abschätzbaren Mindereinnahmen aufgrund der Änderung bei den Subventionen.

Mit der Reform adressierte Parlamentsaufträge

Folgende vom Parlament angenommene Motionen sind mit der Teilrevision Mehrwertsteuergesetz umgesetzt worden:

  • Mehrwertsteuerpflicht von Versandhandelsplattformen für die über ihre Plattform abgewickelten Lieferungen von Gegenständen (Motion Vonlanthen 18.3540).
  • Von Gemeinwesen als Subvention bezeichnete Zahlung gilt auch mehrwertsteuerrechtlich als Subvention (Motion WAK-S 16.3431).
  • Reduzierter Steuersatz von 2,5 Prozent für Produkte der Monatshygiene (Motion Maire 18.4205).
  • Neue Steuerausnahme für die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen (Motion Page 17.3657).
  • Neue Steuerausnahme für die koordinierte Versorgung im Zusammenhang mit Heilbehandlungen (Managed Care-Leistungen; Motion Humbel 19.3892).

Stand der Arbeiten zur Umsetzung der Teilrevision

Im Herbst 2023 wird die Vernehmlassung zur Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) eröffnet werden. Es ist vorgesehen, die Praxis zur Teilrevision Mehrwertsteuergesetz auf Anfang 2025 zu publizieren.
 

Quelle: Eidgenössische Steuerverwaltung

Für die Aktualität und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden.

Ihr Steuerexperte in Zug

Lukas Wadsack steht Ihnen für ein Beratungsgespräch gerne unter 041 710 21 75 oder lukas.wadsack(at)wadsack.ch zur Verfügung.